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Recht und Gerechtigkeit: Zwei unterschiedliche Dinge

In meinem Berufsleben habe ich viele Schadenfälle bei Versicherungsunternehmen kennengelernt. Eins dieser Beispiele möchte ich erzählen:

Eine Frau wurde operiert und anschließend in einen Gang vor dem Auswachraum gelegt, weil der Aufwachraum durch Umbaumaßnahmen nur teilweise zur Verfügung stand. Die Frau erlitt ohne Zutun eines Dritten einen Atemstillstand und kommt erst viel zu spät reanimiert werden. Sie hat bleibende Schwerstverletzungen erlitten und bliebt ein Leben lang ein Pflegefall. Als ich die Akten zu Gesicht bekam, war der Fall schon zwei Jahre in der Schwebe. Es war nicht strittig, dass der Schadenersatz bei 2 Mio. € lag, sondern, wer die Schuld dafür trug: was es der Chefarzt, der für die medizinische Organisation die Verantwortung hat, der Arzt, der operiert hatte und sich nicht weiter um seine Patientin gekümmert hat, der Verwaltungsdirektor, der für die Organisation im Krankenhaus verantwortlich ist oder die Schwester vor Ort, die die Patientin zu lange unbeobachtet lies.

Der Versicherer versicherte alle möglichen Beteiligten, allerdings über verschiedene Versicherungsverträge und zahlte die Entschädigung nicht aus mit dem Hinweis, dass die Schuldfrage noch nicht geklärt sei. So gab es Sachverständigengutachten von jeder beteiligten Seite, Obergutachten, die ebenfalls zu unterschiedlichen Einschätzungen kamen, und keine Zahlung an die Familie der geschädigten Frau, selbst nach zwei Jahren und nur einem beteiligten Versicherer nicht. Deutsches Recht!

Dem Versicherungsunternehmen kann man noch nicht einmal einen Vorwurf machen, denn solange nicht einwandfrei geklärt ist, wer der oder die Schuldigen sind, gibt es keine Veranlassung, dass der Versicherer bei Existenz verschiedener Versicherungsverträge der Beteiligten zur Zahlung aufgefordert werden kann.

Ein andere kleinerer Fall, der mir selbst passiert ist: In einem Mietshaus mit 10 Mietern gab es im Dezember eine Verpuffung in der Gasheizung. Die Gasheizung wurde durch die Explosion und das anschließende Feuer total zerstörte und sogar so heftig war, dass die Tür zum Gasheizungsraum schwer beschädigt wurde. Mein Installateur bestätigte den Totalschaden und baute mir schnell eine neue Heizung ein, um den Mietern wieder eine warme Wohnung zu ermöglichen. Den Schaden habe ich unverzüglich der Versicherung gemeldet und auf eine Neuwertentschädigung hingewiesen, weil dies eine Explosion mit Brand war. Wochen später meldet sich der Versicherer und behauptet, dass er im Umkreis von 100 km einen Handwerker gefunden hätte, der die alte Heizung wieder repariert hätte. Der Preis des Handwerkers wäre nur ein Drittel der Kosten der neuen Heizung und deswegen würden sie die Entschädigung der neuen Heizung ablehnen. Mir wurde kein Angebot des vermeintlichen Handwerkers vorgelegt. Er hatte den Schaden an der alten Heizung nie gesehen und der Vorschlag des Versicherers kam in der Winterzeit erst nach etlichen Wochen. Auf meinen Protest kam die Antwort, ich könnte vor Gericht gehen mit dem Hinweis, dass sie durch alle Instanzen gehen würden und mich das viel Geld und Zeit kosten würde. Gleichzeitig haben sie einen Vergleich über 60 % der Kosten der neuen Heizung vorgeschlagen.

 

 

Tipp:

 

  • Abschluss einer Rechtsschutzversicherung, um eine Chance zu haben, gegen die Unternehmen mit einem „deep pocket“ antreten zu können.

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